13.01.2023
Der Gemeindevorstand hat im Rahmen des am 29.06.2017 von der Gemeindevertretung beschlossenen Forsteinrichtungswerkes, den folgenden „10 Punkteplan zum naturnahen Walderhalt“ beschlossen.
10 Punkteplan zum naturnahen Walderhalt im Gemeindewald der Gemeinde Bickenbach
Oberstes Ziel ist der Walderhalt – als multifunktionaler Dienstleister
1.
Leitgedanke – Walderhalt als oberstes Ziel
Eingriffe im Wald entsprechen dem übergeordneten
Ziel des Walderhalts oder der Förderung des Ökosystems Wald. Gesunde, der
natürlichen Waldgesellschaft entsprechenden Bäume werden nicht geerntet.
Fällungen werden auf ein unverzichtbares Minimum reduziert.
Der nachhaltige Rohstoff Holz wird nur bereitgestellt, sofern es das übergeordnete Ziel des Walderhalts nicht tangiert.
2.
Leitgedanke - aktiver Waldumbau
Die natürliche Verjüngung standortheimischer Bäume
ist gleichrangig mit der Pflanzung und Saat standortgerechter Arten zu sehen.
Die Sämlinge der vorhandenen Bäume werden gefördert und geschützt. Dort, wo sich in absehbarer Zeit keine naturnahe Baumartenzusammensetzung von allein etablieren wird, wird aktiv eingegriffen. Die Naturverjüngung wird durch Saat und Pflanzung unterstützt.
Konkurrierende Pflanzen, insbesondere invasive Arten, werden gezielt zurückgedrängt. Das Ziel ist ein naturnaher Wald, der an den Klimawandel angepasst ist.
3.
Leitgedanke – Wasserhaushalt stabilisieren
Langfristig muss der Wasserhaushalt in den Wäldern
gestärkt werden. Oberflächenwasser darf nicht mehr aus dem Wald geleitet
werden, sondern sollte im Waldboden versickern. Hinzu kommt die Stärkung des
Bodenschutzes. Ein gesunder Boden bildet die Basis jeden gesunden Waldes.
Dieser kommt direkt der Gesundheit und der Stabilität der Wälder zugute und
macht die Wälder widerstandsfähiger. Schadstoffeinträge in die Waldböden müssen
minimiert werden.
4.
Leitgedanke – Totholz verbleibt im Wald
Das stehende und liegende Totholz verbleibt in
großen Teilen im Wald. Erklärtes Ziel ist es den Totholzanteil auf ganzer
Fläche zu erhöhen – er dient als Wasserspeicher und als Habitat für die
unterschiedlichsten Lebewesen.
5.
Leitgedanke – Artenreichtum fördern
Um den Artenreichtum zu fördern, werden
Habitatbäume z. B. ihrem natürlichen Verfall überlassen. Künstliche
Nistmöglichkeiten für Fledermäuse und Vögel werden geschaffen. Innerhalb der Brut- und Setzzeit werden keine
Waldarbeiten durchgeführt und dauerhaft keine Pestizide eingesetzt.
6.
Leitgedanke – natürliche Sukzession
Auf bestimmten Flächen wird der natürlichen
Sukzession Raum gegeben.
7.
Leitgedanke – Edellaubholz fördern
Eichen und trockenes Edellaubholz werden
konsequent gefördert. Ebenso eine naturnahe und standortangepasste
Baumartenzusammensetzung.
8.
Leitgedanke – Waldinnenklima stabilisieren
Zum Schutz eines intakten Waldinnenklimas wird das
Kronendach geschlossen gehalten und die Beschattung gefördert. Bestehende
Waldränder werden naturnah strukturiert, neue Waldränder und Zerschneidungen
werden vermieden.
9.
Leitgedanke - Forstarbeiten
Hochmechanisierten Arbeiten sind aufgrund des
Arbeitsschutzes in Teilen notwendig. Der Einsatz von Maschinen wird auf ein
Mindestmaß beschränkt. Zum Schutz des Waldbodens werden keine neuen Rückegassen
angelegt. Gassen, die einen Mindestabstand von 40 Metern unterschreiten, werden
stillgelegt.
10.
Leitgedanke – Erlebnisort Wald
Die Beziehung der Bürgerinnen und Bürgern zum Wald
wird durch die Erschließung des Gemeindewaldes gefördert. Dies geschieht zum
Beispiel mit der Kennzeichnung besonderer Bäume, Abteilungsschildern mit
Flurnamen oder Wegebezeichnungen; Einbindung von Schulen und Kindergärten;
erholungsorientierte Besucherlenkung; bessere Aufklärung über waldtypische
Gefahren; Angebote moderner Waldpädagogik in Zusammenarbeit mit dem
Geo-Naturpark und Hessenforst.
Die Verkehrssicherung entlang von Wegen, Straßen und Bebauungsrändern hat oberste Priorität. Der Gemeindewald bleibt als Erholungsort damit begehbar und erlebbar.
Weitere
Informationen:
Durch den im Forsteinrichtungswerk 2017 zutreffend
beschriebenen und nun fortgeschrittenen Waldzustand (vergl. Seite 8 f. „Ein
hoher Anteil des Bickenbacher Gemeindewaldes ist „geschädigter Wald“ ..“) sieht
der Gemeindevorstand die Notwendigkeit im Rahmen der Waldbewirtschaftung , die
von der Gemeindevertretung beschlossenen Ziele, zu fokussieren. Die damals
beschlossene Waldstrategie ist auf Jahrzehnte ausgerichtet und hat die
Klimaveränderungen schon berücksichtigt (verl. S. 9)
Die großen Anstrengungen des Waldeigentümers, zusammen mit Hessen-Forst den Wald aktiv umzubauen, zeigen erste Erfolge, wie auf der letzten Waldbegehung festgestellt wurde. So wurden unter anderem seit 2018 gut 30.000 Bäume neu gepflanzt. Dies entspricht der Anzahl der geschätzten Anzahl an „ausgewachsenen“ Bäumen, die wir im Gemeindewald haben.
Der Bürgermeister und Vertreter des Gemeindevorstandes hatten sich am 7.6.2022 mit Hessenforst und dem Nabu zur Diskussion über den „richtigen“ Umgang mit dem Wald getroffen. Hieraus entstanden zwei Vorschläge zur Waldbewirtschaftung, die von Hessenforst und Nabu unabhängig erarbeitet wurden.
Bei der weiteren ausführlichen Diskussion im Gemeindevorstand wurde festgestellt, dass es deutliche Überschneidungen gibt. Unter Federführung der Fachabteilung wurde der vorgelegte Entwurf entwickelt. „Neu ist dabei, dass die Position von Hessenforst ebenso wie die Position des Nabu gewürdigt wurden“, so Bürgermeister Markus Hennemann.
Die Haltung den aktiven Waldumbau voranzutreiben unterstreich auch das Jahresrundschreiben der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dessen Mitglied die Gemeinde Bickenbach seit Jahren ist. Hierin wird auf den Standpunkt des Naturschutzverbandes hingewiesen, dass „… angesichts der Klima- und besonders der Riedproblematik, es nicht opportun ist, der natürlichen Wiederbewaldung durch Flächenstilllegung Raum zu geben, sondern entschlossen mit resilienten Baumarten die immer größer werdenden Lücken im Wald zu schließen. Nach Feststellung der Universität Zürich ist der Kipppunkt bereits überschritten, das heißt der Verfall überschreitet die Heilungskräfte“.
Die Umsetzung der Ziele soll im Rahmen der nächsten Waldbegehungen eng begleitet werden.
Zusammenfassend
teilt Bürgermeister Hennemann mit, dass „die Gemeinde auf einen wirtschaftlich
getriebenen Holzeinschlag weiterhin verzichtet. Wir entnehmen nur Bäume wo es
auf Grund von der Verkehrssicherungspflicht und des Walderhalts notwendig ist“. Ebenso bedankt er sich bei Hessen-Forst und dem Nabu für die gute fachliche Vorarbeit, so dass der Gemeindevorstand sich fundiert entscheiden konnte.
Er bringt in diesem Zusammenhang eine mögliche Vorziehung des für 2026 geplanten neuen Forsteinrichtungswerkes ins Gespräch. Hier könnten die strategischen Ziele neu kalibriert werden.
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